Wassail

Wassail ist ein englischer Weihnachtspunsch aus gewürztem Honig– und Apfelwein, der seit dem Mittelalter belegt ist.

 

„Wassail! Wassail! All over the town,

Our toast it is white and our ale it is brown;

Our bowl it is made of the white maple tree;

With the Wassailing bowl, we’ll drink to thee.”

(Gloucestershire Wassail, trad. engl. Weihnachtslied)

 

Das englische Wort „Wassail“ ist einerseits ein veralteter Ausdruck für ein „Trinkgelage“. Zum anderen bezeichnet Wassail eben jenen Punsch aus Met, Apefelwein und verschiedenen Gewürzen, der seit dem Mittelalter fest in die englische Weihnachtszeit gehört und um den zahlreiche Bräuche und sogar Lieder kreisen.

„Wassail“ leitet sich ab vom altnordischen „ves heill“ (mittelenglisch „was hál“), ist eine Grußformel und bedeutet wörtlich „deine Gesundheit“ oder „dein Wohl“. In Britannien eingewanderte Dänen und Angelsachsen machten daraus einen Trinkspruch: Man reichte die Trinkschale mit gewürztem Wein mit den Worten „was hail“ und wer die Schale bekam, antwortete „drinc hail“. Diese Szene beschreibt Geoffrey von Monmouth 1135 in seiner „Historia Regum Britanniae“, eine Nacherzählung der selben Geschichte aus dem 14. Jahrhundert beschreibt einen ähnlichen Brauch, der sich bis in die Tudor-Zeit hielt: In der Weihnachtszeit kamen die wichtigsten Herzöge und Offiziere zusammen, um beim „Wassailing“ mit dem König zu trinken.

Eine andere Art des „Wassailing“ entstand in den ländlichen Regionen Englands. Wassailing bedeutete, zusammen zu kommen, zu trinken und zu singen, aber auch göttlichen Segen für die Apfelernte zu erbitten. Diese z.T. sehr heidnisch gefärbten Bräuche lebten bis ins 18. Jahrhundert fort, verschwanden dann und lebten seit Ende des 20. Jahrhunderts wieder auf.

Ein besonderes Ritual feiern die Apfelbauern in der Umgebung von Gloucester. Am Abend des 12th Day, dem 6. Januar, ziehen die Dorfbewohner mit heißem Wassail, Fackeln und Musikinstrumenten hinaus zu den Apfelgärten. Die Männer und Frauen hängen Brotscheiben in die Bäume als Gabe an die Götter und aus einer großen Kanne wird der gefrorene Boden rund um den ältesten Apfelbaum begossen, ein Geschenk an Elfen und Pixies. Männer mit Schrotflinten nehmen Aufstellung und schießen über die Bäume in die Luft, der Krach soll böse Geister vertreiben. Zum guten Schluss wird Wassail ausgeschenkt, der heiße Punsch, der nach Honig, Äpfeln und Zimt duftet und fröhliche Lieder werden angestimmt: „Apple tree, apple tree/ we all come to wassail thee…“

Ähnliche Rituale werden in Süd– und Mittelengland an verschiedenen Orten zelebriert. Fast alle finden am 12th day statt, einem sehr besonderen Datum. Die zwölftägige Weihnachtszeit endet mit der Ankunft der heiligen drei Könige am 6. Januar. Dieser Tag, oder vielmehr die 12. Nacht, markierte im Mittelalter den Übergang von der besinnlichen Weihnachtszeit in eine neue Jahreszeit und wurde mit einem rauschenden Fest gefeiert, das „feast of fools“, „Narrenfest“ genannt wurde. Bei diesem Fest stand die ganze Welt Kopf: Herren bedienten ihre Diener, Männer durften Frauenkleider tragen, und ein „Kinderbischof“ persiflierte die Kirche. An dieses Szenario lehnt auch William Shakespeares Komödie „Was Ihr wollt“ an, dessen englischer Titel „Twelfth Night“ ist.

In den Städten entwickelte sich wiederum eine andere Art des Wassailing. Ähnlich wie unsere Sternsinger, die am 6. Januar von Haus zu Haus ziehen und eine Spende für wohltätige Zwecke erbeten, waren es im London des 18. und 19. Jahrhunderts bedürftige Kinder, die mit einem Kessel Wassail loszogen. Sie sangen Lieder wie „Here we come a-wassailing“, boten dem Hausherren eine Schale Wassail an und erbaten eine kleine Spende. Eine moderne Variante ist, mit einer Schüssel Wassail seine Nachbarn zu besuchen und gemeinsam auf das neue Jahr anzustoßen.

Heute ist die Schale mit dem duftenden Wassail nicht mehr wegzudenken aus der englischen Weihnachtszeit und es gibt wahrscheinlich so viele verschiedene Rezepte, wie es Familien in England gibt. Wassail ist Familientradition, und auch die alten Bräuche der Apfelbauern leben wieder auf.

Inzwischen hat Wassail auch den Sprung auf den Kontinent geschafft, seit 2009 wird der Punsch auf dem mitttelalterlichen Teil des Essener Weihnachtsmarktes ausgeschenkt.